Mähren von Napoleon
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26 / Die Franzosen in Valtice

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26 / Die Franzosen in Valtice

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Valtice (zu Deutsch Feldsberg) rühmt sich zu Recht mit dem Titel „Hauptstadt des Weines“. In seinem Gemeindegebiet gibt es so viele Weinberge, dass sie rund achthundert Fußballplätze einnehmen würden. Die Geschichte der Stadt ist aber voller weniger glücklicher Ereignisse, die mit den Durchzügen der heimischen und feindlichen Armeen während der napoleonischen Kriege zusammenhingen und außerdem Geld- und Nahrungsbeschlagnahmungen mit sich brachten.

Im Dezember 1798 zogen die russischen Einheiten unter dem Feldherren Suworow auf ihrem Weg nach Italien durch Lednice. Russland war damals noch gemeinsam mit Österreich und Großbritannien Mitglied der zweiten gegennapoleonischen Koalition. Den äußerst fähigen General Suworow hatte der russische Zar Pawel als Hilfe für Österreich entsendet. Nachdem die russisch-österreichische Armee die Alpen überschritten hatte, triumphierte sie einige Male in Kämpfen mit den Franzosen. Danach begann es aber unter den Alliierten zu Auseinandersetzungen zu kommen. Obwohl Suworow die höchsten Entscheidungsbefugnisse zugesichert worden waren, kamen aus Wien strikte Anweisungen zur weiteren Vorgehensweise. Letztendlich verließen die Russen im Oktober 1799 die zweite gegenfranzösische Koalition, da sie mit der Zusammenarbeit mit Österreich unzufrieden waren.

Napoleons Armee nimmt ein Drittel von Österreich ein

Nach der Niederlage der österreichischen Armee bei Ulm im Jahr 1805 war Napoleon über Znaim und Pohořelice das erste Mal nach Mähren gezogen. Nach seinem Sieg in der Schlacht von Austerlitz marschierten dann ganze Kolonnen von österreichischen und russischen Gefangenen durch Valtice. Und dicht auf ihren Fersen folgte eine Typhus-Epidemie. Bis zum 8. Januar 1806 hielten sich in der Stadt über 11 000 Mann und 5 000 Pferde auf. Die Anzahl der Einwohner von Valtice war so innerhalb kürzester Zeit auf das Fünffache gewachsen.Einige Jahre nach der Dreikaiserschlacht wurde Valtice erneut von Kriegsereignissen heimgesucht. Im Zusammenhang mit der Schlacht bei Znaim im Juli 1809 wurde die Gemeinde von einem Teil des französischen Korps von Marschall Davout besetzt. Zu Ende der Schlacht bei Znaim stellte Österreich ein neues Angebot auf Waffenstillstand, dem Napoleon unter einer Bedingung zustimmte: „Bis zum Abschluss eines definitiven Friedens besetzen meine Truppen ein Drittel von Österreich.“ Gesagt, getan. Napoleons Armee besetzte in Mähren die Regionen Znaim und Brünn einschließlich Mikulov und auch das nördliche Niederösterreich mitsamt Valtice. (Ja, Sie lesen richtig. Valtice war wirklich während des ganzen Mittelalters und der Neuzeit Teil von Österreich und hieß Feldsberg. Der Tschechoslowakei fiel der Ort erst nach dem 1. Weltkrieg zu, und zwar aufgrund des Vertrages, der im Jahr 1919 in Saint-Germain unterschrieben wurde.). Die viermonatige Okku-
pation durch Napoleons Heer war für die Ortseinwohner eine Katastrophe. Wegen der hohen finanziellen und sachlichen Abgaben befanden sich viele Menschen am Rande des Elends.

Umgeben von saftigen Beeren

Viel erfreulicher ist die Geschichte der Stadt, was den Wein angeht. Die Weinrebe wird in Valtice mehr als zweitausend Jahre lang angebaut. Auch die Liechtensteiner, die in Valtice mit der Zeit einen prachtvollen Familiensitz errichtet hatten, besaßen ein außergewöhnliches Talent für den Weinbau. Die Liechtensteiner ließen der Stadt sehr viel Aufmerksamkeit angedeihen und sorgten für ihren Aufschwung. Ihr monumentales Schloss wurde, genauso wie einst Vyškov, mit dem Spitznahmen „mährisches Versailles“ versehen. Aus der Sicht von der Hauptstiege vor dem Schloss hat dieses Gebäude nämlich eine ähnliche Form wie das berühmte französische Bauwerk.

Die enge Beziehung der Liechtensteiner und des Weines wird auch von der Tatsache bestätigt, dass Johann II. von Liechtenstein bereits im Jahr 1858 in der schlosseigenen Manege die erste Weinausstellung veranstaltete. Das köstliche Nass floss buchstäblich in Strömen, es wurde aus rund zweitausend Flaschen gekostet. Die Besucher waren begeistert. Aus einer Ecke ertönte Gesang, aus einer anderen wieder ausgelassenes Gelächter. Der einzige Mangel dieser erfolgreichen Veranstaltung war, dass die Besucher die gekosteten Weine nicht mit nach Hause nehmen konnten. Dies war erst ein halbes Jahrhundert später möglich, als der erste Weinmarkt von Valtice stattfand. Diese Tradition besteht bis heute, und falls Sie Valtice im Frühling besuchen, können auch Sie hier nach Lust und Laune degustieren. Ein unvergessliches Erlebnis ist zum Beispiel die Degustationsausstellung von Weinen, denen der Titel Weinsalon der Tschechischen Republik verliehen wurde. Diese Ausstellung ist in den Kellern des Schlosses Valtice zu finden. Der begehrte Titel wird alljährlich an die 100 besten Weine verliehen. Genauso wie das Schloss Valtice gehört auch der Weinsalon der Tschechischen Republik zu den TOP-Ausflugszielen in Südmähren. Der Stolz von Valtice ist der in Tschechien größte Weinkeller, der bis zu eine Million Liter Wein fassen kann. Wegen seinem Grundriss wird er Křížový („Kreuzkeller“) genannt. Zu besichtigen ist auch der Untergrund von Valtice, ein einzigartiges Labyrinth, das aus rekonstruierten Teilen historischer, miteinander verbundener Weinkeller in einer Gesamtlänge von 710 m besteht.

Der Reichtum des Gebietes Lednice-Valtice

In Valtice ist wirklich sehr viel zu sehen – der außergewöhnliche Natur- und Kulturreichtum mit zahlreichen klassizistischen und romantischen Bauwerken, die Teiche oder die Wasserstraßen. Neben dem Schloss Valtice wird Sie auch ein Besuch des Klosters der Barmherzigen Brüder bezaubern, welches im Jahr 1664 gegründet wurde. Dieses Gebäude ist deshalb einzigartig, da es als eines der ältesten Krankenhäuser auf tschechischem Gebiet diente. Im 18. Jahrhundert befand sind im Kloster eine bekannte Lehrstätte für Chirurgie. Nach der Dreikaiserschlacht wurde das Kloster gemeinsam mit dem Erdgeschoss des Schlosses Valtice und mit der Franziskanerkirche zu einem provisorischen Lazarett umgewandelt. Die Barmherzigen Brüder hatten in Valtice einst auch einen Garten mit Heilkräutern. An diese Tradition schließt auch der heutige Kräutergarten an, der sich auf der Fläche der ehemaligen Schlossgärtnerei in unmittelbarer Nähe des Schlosses befindet. Auch die Umgebung von Valtice wird Sie nicht enttäuschen. Naturschätze und wundersame Winkel werden harmonisch von bezaubernden Bauwerken und verschiedenen Sehenswürdigkeiten abgewechselt. Das sicherlich dominante Bauwerk im Gebiet zwischen Valtice und Lednice ist die Kolonnade Reistna, die als Imitation der Gloriette in Schönbrunn in Wien gilt. Das Monument in Form eines Bogens mit zwei Seitenflügeln und 24 korinthischen Säulen wurde von Fürst Johann I. Josef als Erinnerung an seinen Vater, Fürst Franz Josef I., und an seine drei in jungen Jahren verstorbenen Brüder erbaut. In den Seitenflügeln finden Sie Treppen zu einer Terrasse, die Ihnen einen einzigartigen Ausblick in alle Himmelsrichtungen gewährt. Neben den Weinveranstaltungen können Sie hier im Frühling auch die Rekonstruktion eines Teiles der Schlacht besuchen, die im Rahmen der „Napoleonischen Tage“ stattfindet. An diesem Fest, das im Schloss und im Schlosspark Valtice stattfindet, nehmen mehr als einhundert Enthusiasten in napoleonischen Uniformen teil. Das wichtigste Ziel der Veranstaltung ist es, den Zusehern das Leben eines Soldaten zu Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts näher zu bringen.