Mähren von Napoleon
europäische Geschichte in Greifnähe
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2 / Das Statthalterpalais

Moravské náměstí 1a, 662 26 Brno
(+420) 532 169 111
www.moravska-galerie.cz

GPS: 49.1977731N, 16.6082661E

2 / Das Statthalterpalais

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Das Statthalterpalais (Místodržitelský palác) war ursprünglich ein Augustinerkloster. Zu Zeit von Josef II. wurde es aber konfisziert und wurde zum Sitz des mährisch-schlesischen Statthalters (Gubernators). Vor der Schlacht bei Austerlitz hatte der damalige Gubernator, Graf Lažanský, das Gebäude übereilt verlassen. Das Objekt sieht aber nicht wirklich wie ein Kloster aus, eher wie der pompöse Sitz eines feudalen Herrschers, kurz – ein richtiger Palast. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Napoleon es im Jahr 1805 zum Sitz des Hauptstabes der französischen Armee und auch zu seinem eigenen Sitz wählte. Um den Pomp und Glanz des Gebäudes hatte sich der Prior Matheus Pretcher verdient gemacht – er hatte es zu einem wunderschönen, barocken Palast umbauen lassen, um seine Kandidatur zum Abt zu unterstützen. Das prunkvolle Gebäude wurde im Jahr 1752 fertiggestellt.
 

Napoleons Armee präsentiert sich in glanzvoller Pracht

Auch nach der ersten Nacht, die er im Statthalterpalais verbracht hatte, sparte Napoleon nicht mit Befehlen. Am Nachmittag beschloss er, vor dem Landhaus (heutiger Moravské-Platz) eine Parade der ganzen Armee abzuhalten. Diese Parade fand dann tagtäglich bis zur Verlagerung der Armee auf das Schlachtfeld statt. „La Grande Armée“ oder die Große Armee, so wurde Napoleons Heer genannt, das sich aus sieben Armeekorps zusammensetzte. Jede Division war eine selbständige operative Einheit mit allen Waffenarten. Die wichtigsten Kräfte der Artillerie und der Kavallerie bildeten einen Sonderteil der Armee und unterstanden dem direkten Oberbefehl des Kaisers[1]. Wenn die Menschen einen Soldaten in herausgeputzter Uniform sahen, ahnten sie, dass es sich um ein Mitglied der kaiserlichen Garde handeln musste. Diese Garde war die Eliteeinheit der französischen Armee und verfügte über alle damals bekannten Waffenarten. Es handelte sich um ausgesuchte Soldaten, die schon an zahlreichen Schlachtzügen teilgenommen hatten. Neben den besseren Uniformen besaßen sie auch bestimmte Privilegien. Sie bekamen bessere Verpflegung, waren in der Nähe des Hauptquartiers untergebracht und eine Reihe von ihnen kannte Napoleon persönlich.

Nicht nur durch ihr exotisches Aussehen, sondern auch durch ihre Reitkünste hoben sich die so genannten Mameluken in Napoleons Armee ab. Diese afrikanischen Soldaten hatten sich während des Feldzuges nach Ägypten anwerben lassen. Sie waren blitzschnell und konnten so gutmit ihren gekrümmten Säbeln umgehen, dass sie mit einem Schlag den Kopf eines Gegners abhacken konnten. Neben den Mameluken gehörten auch andere Ausländer zu den französischen Truppen, es waren sogar einige junge Soldaten aus Mähren zu finden.

 Zum Beispiel die Bewohner von Doubravník erinnern sich an eine Begebenheit aus dieser Zeit. Während des Aufenthaltes der Franzosen in diesem Gebiet hatte die Familie Slezák einen französischen Offizier beherbergt. Als er abreiste, verabschiedete er sich vom Dorfrichter mit den tschechischen Worten „Vergelt‘s Gott, Onkel!“ Der verwunderte Gesichtsausdruck des Hausherren sprach mehr als tausend Worte. Er konnte nicht begreifen, wie es möglich war, dass der Soldat so gut tschechisch sprach. Außerdem hatte der Offizier unter dem Federbett in seinem Zimmer einen Beutel Goldmünzen hinterlassen. Die Familie Slezák befürchtete, dass die Franzosen sie des Diebstahles bezichtigen könnten, und sie liefen dem Offizier sogleich hinterher. Wie groß war aber ihre Überraschung, als der Offizier gestand, dass er Filip Slezák war – ein Verwandter, der einst von den Schergen zum Militärdienst angeworben worden war! Seien wir ehrlich, die böhmischen und mährischen Burschen hatten nicht sonderlich Lust, für den österreichischen Kaiser zu kämpfen. Der Militärdienst jagte ihnen Angst ein, denn er dauerte eine ganze Ewigkeit. Erst ab dem Jahr 1802 verbesserte sich die Situation ein wenig. Die Soldaten wurden „nur mehr“ für sieben bis vierzehn Jahre angeworben. Der erwähnte Filip Slezák war später zu Napoleon übergelaufen und konnte sich nach seiner Rückkehr nach Doubravník nicht zu erkennen geben, um nicht als österreichischer Deserteur in Schwierigkeiten zu geraten.

Erinnerungen an die Franzosen und Schweden

Napoleon hielt sich sogar zweimal im Statthalterpalais auf. Wie Sie bereits wissen, war das erste Mal im Jahr 1805 im Zusammenhang mit der Schlacht bei Austerlitz. Danach kehrte der französische Kaiser noch im Jahr 1809 in den Palast zurück, als auf dem mährischen Gebiet die Schlacht bei Znaim stattfand. Heute erinnert eine Gedenktafel mit dem Kaiseradler und dem Portrait des berühmten Feldherren an diese beiden Besuche – sie befindet sich direkt an der Fassade des Palasts.

Napoleons Heer war nicht die einzige fremde Armee, die bis nach Brünn zog – das zeigt uns ein Bronzemodell der Stadt aus dem Jahr 1645, während der Schwedenbelagerung. Dieses Modell befindet sich auf dem Moravské-Platz, direkt gegenüber dem Statthalterpalais. Der schwedische General Torstenson mit seiner Armee von 28 000 Mann hatte aber eine schwerere Aufgabe als sein französischer Kollege um 160 Jahre später. Brünn musste er sich nämlich erkämpfen, und das obwohl der riesigen Überzahl der Schweden nur etwa 1500 Verteidiger gegenüberstanden. Die Schweden bemühten sich ganze 112 Tage lang um die Einnahme der Stadt. Die mährische Metropole konnten sie aber nicht bezwingen.

Der Ruhm des Statthalterpalais liegt aber nicht nur in seiner Vergangenheit. Auch heute noch hat es vieles zu bieten. Es befindet sich im Besitz der Mährischen Galerie und man findet hier zum Beispiel eine Dauerausstellung der alten Kunst von der Gotik bis zum 19. Jahrhundert, wo Werke von Meistern aus ganz Europa zu bewundern sind.