Mähren von Napoleon
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22 / Seltener Besuch im Schloss Bohdalice

Bohdalice 118, 683 41
(+420)721 409 081
www.muzeumbohdalice.cz

GPS: 49.2143019N, 17.0308883E

22 / Seltener Besuch im Schloss Bohdalice

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Bohdalice in der Nähe von Vyškov ist ein weiteres mährisches Dorf, das in die Geschichte eingegangen ist. Vor der Schlacht bei Austerlitz übernachteten hier nämlich gleich zwei hochrangige Besucher – der russische Zar Alexander und der österreichische Kaiser Franz. Dies geschah am 29. November, auf dem Weg aus Vyškov. Als Unterkunft wählten sie das hiesige Schloss, das damals dem Adelsgeschlecht Manner gehörte. Wolfgang Manner, der Bruder des Eigentümers, wurde sogar mit der Versorgungswirtschaft der alliierten Truppen während ihres Aufenthaltes in Mähren und Schlesien beauftragt.

Die Ankunft der Staatsmänner fand in guter Laune statt

Alexander und Franz kamen aber nicht alleine. Sie hatten natürlich ihre Armeen als Begleitung mit, welche sich in den Nachbarorten einquartierten und den hiesigen Einwohnern das Leben schwer machten. Einige historischen Quellen beschreiben die Ankunft des russischen Zaren folgendermaßen:

„Alexander kam genau pünktlich
und in Begleitung seiner Garde-Kosaken. Er kontrollierte die vorbildlich angetretene Armee, die wie aus Marmor gemeißelt aussah. Nachdem ihn die Soldaten gegrüßt hatten, hoben sie ihre Waffen und schossen
in den Himmel. Alexander war erfreut
und die gute Laune verließ ihn auch nicht,
als er an die Schlacht dachte.“

Heute erinnert eine Gedenktafel links vom Eingang in das Schlossgebäude an den Besuch des russischen Zaren.

Vom Jesuitenorden bis zum Geschlecht Manner

Nun werden wir aber noch in die Geschichte des Schlosses Bohdalice zurückblicken. Am Anfang waren die Jesuiten, die Bohdalice im 17. Jahrhundert kauften. Damals befanden sich hier nur ein Gutshof und eine alte Festung. Fast ein Jahrhundert später bekam das Bauwerk ein neues Aussehen, denn die Jesuiten bauten die Festung zu einer Residenz im Renaissancestil um. Im Jahr 1783 kaufte der Adelige und Ritter Raimund Manner, der als kaiserlicher Beamter in Wien tätig war, das Schloss und das dazugehörige Herrschaftsgut. Neben seiner Beamtenlaufbahn widmete er sich dem Obst- und dem Weinbau, was er auch in Bohdalice fortsetzte. Direkt hinter dem Schloss gründete er einen Obstgarten und einen Weinberg. DasGeschlecht Manner besaß das Schloss bis zum Ende des 2. Weltkrieges, in dem ihr Eigentum konfisziert wurde. Später wurde im Gebäude eine Schule eingerichtet, die Sie hier auch heute noch finden können. Die Vorschüler und Schüler von Bohdalice fühlen sich in der Schule sicherlich „wie in einem Märchenschloss“. Der ehemalige Schloss-Saal wird nicht nur für Schulzwecke, sondern auch als Trausaal verwendet. Das Schloss ist der Öffentlichkeit in der Regel nicht zugänglich.

Die Kirche Mariä Himmelfahrt, ein Zeuge vergangener Zeiten

Bohdalice bietet den Touristen auch weitere Sehenswürdigkeiten an. Sie können zum Beispiel die PfarrKirche Mariä Himmelfahrt bewundern, welche in den Jahren 1807–1814 auf den Grundmauern einer älteren Holzkirche gebaut wurde. Der Bau wurde auf Wunsch von Johann Manner eingeleitet, dem Sohn von Raimund Manner, der Bohdalice gekauft hatte.

Kunstliebhaber werden sicherlich auf den ersten Blick bemerken, dass die Kirche ein klassizistisches Bauwerk mit spätbarocken Elementen ist. Unter ihrem Sanktuarium verbirgt sich außerdem die Gruft der Manner. Die Namen der hier bestatteten Angehörigen dieses Geschlechts finden Sie auf zwei Grabsteinen an der Hinterwand der Kirche. Bemerkenswert ist auch das Exterieur des Gebäudes mit einer Barockstatue des heiligen Johannes Nepomuk aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts und mit einem Steinkreuz aus dem Jahr 1845.

Falls Sie sich für einen Ausflug nach Bohdalice entscheiden, sollten Sie bestimmt in den Feldern hinter der Ortschaft das alte Steinkreuz namens „Cyrilometodějský“ (also „den Heiligen Kyrill und Method geweiht“), aufsuchen. Dieses Sühnekreuz steht hier schon einige Jahrhunderte lang. Es erinnert an die Ankunft der Missionare Kyrill und Method, die in Südmähren das Christentum und die altslawische Schrift verbreiteten. Die Legende besagt, dass hier zu ihrer Zeit eine heidnische Linde mit einem Opferplatz stand. Sie ließen die Linde fällen und an ihrer Stelle ein Kreuz als Zeichen der Annahme des Christentums aufstellen.

Zum Sühnekreuz führt Sie der Weg vom Schloss in Richtung der Kirche. Sobald Sie die Kirche hinter sich gelassen haben, gehen sie weiter bis ans Ende der Ortschaft, in Richtung Kučerov, bis Sie zu einer Stelle namens „Piskál“ kommen. Falls auf dem Feld hochwüchsige Feldfrüchte wachsen, sollten Sie damit rechnen, dass Sie das Kreuz nicht sofort entdecken müssen. Es steht nämlich direkt im Feld und ist nach Větrníky zugewandt. Interessant ist, dass der Bau von Sühnekreuzen oder –steinen ursprünglich mit dem Verbrechen in Zusammenhang stand. Sühnekreuze wurden nämlich von Verbrechern gebaut, als Strafe für ihr Vergehen. Durch die physische Arbeit wollten sie ihr Gewissen wenigstens teilweise erleichtern. Nun, es heißt nicht umsonst, dass die Arbeit adelt.

Das Zarenfest

Auch das Museum von Tomáš E. Müller führt Sie in Bohdalice in die Geschichte zurück. Sie können es jeden Sonntag von 13 bis 17 Uhr oder nach Absprache auch zu anderen Zeiten besuchen. In diesem malerischen Dorf findet in Zusammenarbeit mit den militärgeschichtlichen Vereinen alle zwei Jahre im November auch das so genannte Zarenfest („Carské slavnosti“) statt, eine Rekonstruktion des historischen Ereignisses, das hier vor mehr als 200 Jahren stattfand. Das Fest erinnert an den einzigartigen Aufenthalt beider Herrscher in der Ortschaft und auch an die Kriegsereignisse in der Umgebung. Während der Veranstaltung können Interessenten das Militärlager gründlich besichtigen. Zu sehen sind auch Schaukämpfe und eine Modenschau historischer Kostüme. Kurz gesagt, die Organisatoren bemühen sich, die Veranstaltung lehrreich, lebendig und abenteuerlich zu machen. Sowohl Kinder als auch Erwachsene kommen hier auf ihre Kosten.