Mähren von Napoleon
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23 / Das Treffen bei Spálený mlýn

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23 / Das Treffen bei Spálený mlýn

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Die alte Mühle am Spálený-Bach zwischen Žarošice und Následovice, die Spálený mlýn heißt und „Spáleňák“ genannt wird, wurde zum schweigsamen Zeugen eines weiteren bedeutenden Ereignisses. Napoleon und Franz I. vereinbarten unter der hiesigen Linde den Waffenstillstand. Der unter Denkmalschutz stehende Baum hörte so ein Gespräch, in dem der französische Kaiser seinem Gegner nach dem Triumph auf dem Schlachtplatz eine unangenehme Abrechnung vorlegte.

Werfen wir deshalb einen Blick auf den regnerischen 4. Dezember des Jahres 1805. Napoleon kam als erster an der vereinbarten Stelle an. „Macht zwei Feuer und baut ein Zelt auf,“ befahl er seinen Soldaten. Nach längerer Zeit kam auch Franz an, der in banger Erwartung einer harten Abrechnung für die verlorene Schlacht keinen Grund hatte, besonders zu eilen. Neben seinen Soldaten wurde der österreichische Kaiser auch von Fürst Johann I. Josef von Liechtenstein begleitet. Napoleon kam dem Kaiser bis zur Tür seiner Kutsche entgegen. „Dies sind die Paläste, die mich Eure Hoheit schon zwei Monate lang zwingt zu bewohnen“, sagte angeblich Napoleon und deutete dabei mit der Hand auf das Zelt am Weg. „In dieser Behausung geht es Ihnen vorzüglich, mein Herr, es gibt also keinen Grund, mir böse zu sein,“ antwortete Franz nach Angaben von Augenzeugen[15]. Bei diesem Satz soll etwas wie ein Lächeln über das Gesicht von Franz gehuscht sein. Alsbald wurde aber dieses flüchtige Lächeln auf dem Gesicht des Habsburgers, der in einen langen Redingote und einen Zweispitz gekleidet war, von einem eher besorgten Ausdruck ersetzt.

Warum trafen einander die Kaiser unter einem Baum?

Ursprünglich sollte das Gespräch der beiden Kaiser im Inneren der Mühle stattfinden, aber ein unerträglicher Gestank und zu wenig Platz zwangen sie, ihre Pläne zu ändern. Letztendlich musste das Treffen draußen stattfinden, unter der Krone einer nahe stehenden Linde. Das Gespräch fand unter vier Personen statt. Auf einer Seite stand Franz mit dem Fürsten von Liechtenstein und auf der anderen Napoleon, dem während eines Teiles des Gespräches sein Marschall Berthier Gesellschaft machte. Die Kaiser gingen nachdenklich unter der Linde spazieren und blieben manchmal stehen, um sich bei einem der Feuer zu wärmen. Die Offiziere beider Staatsmänner hielten einen höflichen Abstand ein und versammelten sich um das zweite Feuer herum. „Schade, dass wir fast nichts hören,“ dachten sie. Da die Soldaten nur Gesprächsfetzen gehört hatten und die direkten Teilnehmer des Gespräches keine diesbezüglichen Aufzeichnungen hinterließen, sind uns nur wenige Informationen daraus bekannt[15]. Die Kaiser waren angeblich während des gesamten Treffens gut gelaunt und zum Schluss sagte Napoleon: „Verspricht mir Eure Hoheit also, nie mehr einen Krieg gegen mich zu beginnen?“ „Das schwöre ich und werde mein Wort halten,“ antwortete Franz.

Die Ortsbewohner begannen die denkmalgeschützte Linde „Kaiserlinde“ zu nennen. In ihrer Nähe wurde das Gehöft Janův dvůr erbaut, von dem ein gepflasterter Weg zur Linde führte. Fast einhundert Jahre nach dem Treffen der Kaiser wurde in den Giebel von Janův dvůr eine Informationstafel mit einer tschechisch-deutschen Aufschrift eingefügt. Die Zeit lief aber, die Jahre vergingen und von der Linde blieb nur ein Teil ihres morschen Stammes übrig, dem niemand große Aufmerksamkeit widmete. Im Jahr 1919 wurde hier die „jüngere Schwester“ der Kaiserlinde gepflanzt, die heute ein hoher Baum ist. An den Ort des legendären Zusammentreffens erinnern auch die Aufschrift auf der weißen Informationstafel in Form eines Wappenschildes und ein Obelisk, um den die Ortsbewohner weitere vier Linden gepflanzt haben. Es könnte Sie interessieren, dass Teile des ursprünglichen Baumstammes erhalten geblieben sind. Sie sind im Schloss Slavkov und auch im Vrbas-Museum im Schloss Ždánice zu finden, wo der napoleonischen Thematik ein ganzer Teil des Museums gewidmet ist und wo mehr als fünfzig Exponate zu finden sind.

Die Umgebung von Spálený mlýn

In der Umgebung von Spálený mlýn kommt auch heute keine Langeweile auf. Der Naturpark Ždánický les wird Sie sicherlich bezaubern und ist ein großartiges Ausflugsziel. Falls Sie die Umgebung vom Radsattel aus erkunden möchten, stehen Ihnen zahlreiche Radwege zur Verfügung, die durch die hiesigen Weinberge und Weinkeller, blühende Wiesen und grüne Hügel führen. Als Lohn erwarten Sie wunderschöne Ausblicke auf Wälder, Baumgruppen, Weinberge, Obstgärten und Felder. Eine der schönsten Aussichten finden Sie auf dem steinernen Aussichtsturm auf dem Gipfel Brd, dem höchsten Punkt des Chřiby-Gebirges.

Am südöstlichen Fuße dieses Gebirges liegt die Stadt Kyjov mit ihrem Wahrzeichen, dem Rathaus aus der Renaissance. Ungefähr aus derselben Zeit stammt auch das Schloss mit Sgraffiti von Jano Köhler, in dem sich heute das Heimatmuseum befindet. Die Stadt gilt auch als das Zentrum der Folklore in der mährischen Slowakei. Alle 4 Jahre findet hier unter dem Namen „Slovácký rok v Kyjově“ („Das mährisch-slowakische Jahr in Kyjov“) die in Tschechien älteste Folkloreveranstaltung statt. Diese bedeutendste ethnografische Festveranstaltung in der Region findet seit dem Jahr 1971 statt und bringt Tausende Menschen in das Herz der Mährischen Slowakei. Übrigens, auch die Kyjover Tracht ist eine Rarität. Sie gilt als eine der am reichsten geschmückten Trachten in Europa.